ME ist nicht WE – Heraklit

Vielleicht klingt es naiv und idealistisch, aber ist der Mensch nicht dazu bestimmt, nicht nur auf sich selbst zu blicken? Der griechische Philosoph HERAKLIT sagte einstmals: „…aus Allem Eins und aus Einem Alles“

Heraklit

Diese Worte stammen aus seiner Lehre von der Einheit aller Dinge.
Ihm ging es um die stetige Entwicklung des Menschen und der Welt, deren Wandel er unterworfen ist, ihn aber auch mit gestaltet.
Für HERAKLIT war der Mensch Teil eines Ganzen, für viele Philosophen seiner Zeit sogar das höchste Wesen im Universum, ein schöpferisches Leben.
Ob er tatsächlich das höchste Wesen in den uns bekannten und nicht bekannten Spähren ist, sei dahin gestellt, aber hier auf der Erde hat er Dinge geschaffen und entstehen lassen – und tut es noch immer – die gleichzeitig zum Staunen und Grauen einladen. Der Mensch ist ein zwiespältiges Wesen, das zu Demut und Größenwahn neigt.
Der Humanismus, der sich auf das Gedankengut antiker Philosophen lehnt, appelliert an unsere Werte und Würde. Unsere wertvollsten Waffen, Liebe, Güte, Freundlichkeit, Mitgefühl und die Akzeptanz menschlicher Schwächen, helfen uns, andere Menschen als das zu sehen, was sie sind: Gleichwertige Wesen.
Doch wir sind auch ein Gefäß, das sich gern mit bunten Gefühlen und Gedanken füllt, so auch mit Hass, Wut, Neid und Egoismus.
Letzterer pastt wie eine zweite Haut. Die Sucht nach dem eigenen Ich wächst hervorragend, wenn sie gefüttert wird.
In den letzten Jahrzehnten ist diese Liebe zu uns selbst größer als die zu Anderen.
Wir bekommen nicht genug von uns.
Unser Handeln wird von dem für uns entstehenden Vorteil bestimmt.
Rücksichtslosigkeit oder Selbstverwirklichung?

Quelle: Jane Goodall Institute Deutschland - heraklit
Quelle: Jane Goodall Institute Deutschland


Seit wann das Wesen Mensch auf der Erde weilt, darüber können Wissenschaftler noch immer nur spekulieren. Ähnlich verhält es sich mit dem Alter der Erde. Man schätzt es auf circa fünf Milliarden Jahre. Was den Menschen betrifft, gibt es unterschiedliche Theorien und Meinungen. Allgemein hin gilt, dass der, korrekterweise bezeichnete, Homo Sapiens seit 160.000 bis 200.000 Jahren existiert.

1961 rüttelte der englische Anthropologe Dr. L.S.B. Leakey an diesen Zeitangaben. Während Ausgrabungen in der Oldoway-Schlucht in Ostafrika entdeckte er mit seiner Frau bemerkenswerte Knochen. Zu ihren Füßen lagen die Überreste eines Urmenschen, 1.750.000 Jahre alt. Die Bestimmung des Alters wurde sechsmal überprüft und immer wieder gern in Frage gestellt. Dabei ging es um kleinste Partikel und Stofflichkeiten, die sich im Prozess der Verwesung und des Verborgenseins in und unter und zwischen die Knochen mischen können oder könnten oder müssten.
Eindeutiger ist das Geburtsland des Homo Sapiens.
Afrika – die Wiege der Menschheit.
Dort begann unsere einzigartige Entwicklung, deren Ursprung tierisch ist.
Wir stammen vom Affen ab und der Schimpanse ist unsere Verbindung zum Reich der Tiere, das nicht weniger spektakulär ist wie unsere Hochhauswelten aus Glas und Beton.
Wissenschaftler geben an, dass Primaten, also auch wir, in der Regel ein komplexes Sozialverhalten aufweisen. Sie leben in gemeinschaftlichen Gruppen, bilden eheliche Verbindungen, von denen viele treu sind, und achten aufeinander, in dem sie sich gegenseitig warnen, wenn Gefahr droht. Fragt sich, ob das menschliche Sozialverhalten evolutionär zurückgebildet wird oder vielleicht verkümmert?
Ja, wir leben in Gemeinschaften, großen Gemeinschaften.
Ja, wir gründen Familien, die in vielen Fällen aber alles andere als unseren Vorstellungen entsprechen.
Ja, wir gehen Bindungen ein, manche aber gleich so viele, dass sie nicht mehr wissen, warum eigentlich.
Treue ist vielerorts altmodisch, wir leben schließlich unsere Sexualität aus.

Das alles ist absolut legitim, wir sind schließlich höhere Wesen, haben andere Bedürfnisse und Welten geschaffen, die uns von den tierischen Primaten unterscheiden.
Wir legen großen Wert auf Freiheit und Entfaltung der Persönlichkeit.
Wir wollen verdienen, jemand sein, etwas schaffen.
Wir sind Mensch und als solcher kosten wir alles voll aus, was uns zur Verfügung steht: die Herrlichkeit der Erde, seine Gaben und andere Menschen.
Wir benutzen, erobern, besetzen, übernehmen, konsumieren, verurteilen und versorgen.
WIR achten nicht allzu oft auf andere Menschen.
Ob Feind, ob Freund, ob Familie, ob Fremder.
Ob morgens im Trubel der Fleißigen, die überall zur Arbeit hetzen, ohne auf Rolltreppen, Ein- oder Ausgängen nach rechts und links zu blicken, oder abends im Supermarkt an der Kasse, wenn wir nach einem Kampf zwischen den Regalen keine Geduld für die Kassiererin aufbringen können, die wartet, bis der achtzigjährige Stammkunde, der seit dreißig Jahren einmal im Monat eine besondere Flasche Wein kauft und diese mit Cent-Stücken bezahlt. Geld, dass er sich von dem Wenig zusammengespart hat, was ihm von der Rente bleibt.
Humanität war gestern.
Heute herrscht chronischer Zeitmangel und wir nörgeln, schuppsen, treten, jammern, tratschen, glotzen, heucheln und missgönnen. Noch Schlimmeres sogar.
Es existiert kein WIR.
MIR ist das aber nicht egal!
Und dir? Ihnen? Euch?

DAS GÖTTLICHE

von
Goethe Johann Wolfgang

Edel sei der Mensch,
hilfreich und gut!
Denn das allein
unterscheidet ihn
von allen Wesen,
die wir kennen.

Heil den unbekannten
höhern Wesen,
die wir ahnen!
Ihnen gleiche der Mensch!
Sein Beispiel lehr‘ uns
jene glauben.

Denn unfühlend
ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne
über Bös‘ und Gute,
und dem Verbrecher
glänzen wie dem Besten
der Mond und die Sterne.

Wind und Ströme,
Donner und Hagel
tauschen ihren Weg
und ergreifen
vorübereilend
einen um den andern.

Auch so das Glück
tappt unter die Menge,
faßt bald des Knaben
lockige Unschuld,
bald auch den kahlen
schuldigen Scheitel.

Nach ewigen, ehrnen,
großen Gesetzen
müssen wir alle
unseres Daseins
Kreise vollenden.

Nur allein der Mensch
vermag das Unmögliche
Er unterscheidet,
wählet und richtet;
er kann dem Augenblick
Dauer verleihen.

Er allein darf
den Guten lohnen,
den Bösen strafen,
heilen und retten,
alles Irrende, Schweifende
nützlich verbinden.

Und wir verehren
die Unsterblichen,
als wären sie Menschen,
täten im großen,
was der Beste im kleinen
tut oder möchte.

Der edle Mensch
sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff‘ er
das Nützliche, Rechte,
sei uns ein Vorbild
jener geahneten Wesen!