Internet in Gefahr!
Kurz vor dem Beginn des neuen Jahres erscheinen die ersten Berichte über Veränderungen, die uns 2013 erwarten. Steigende Strompreise, der neue Rundfunkbeitrag, drei Cent mehr für eine Briefmarke und die üblichen Steuerneuerungen. Für die chine- sische Regierung sind solche Veränderungen wohl eine Kleinigkeit. Sie beschäftigt sich mit etwas viel Größerem.
Etwas Elementarerem.
In China strengt man sich an, die menschlichen Rechte im Internet zu beschränken. Ein MUST HAVE in einer Volksrepublik. Grenzen sind wichtig – besonders im bevöl- kerungsdichtesten Land unserer Erde. Schließlich ist es kein Kinderspiel 1,3 Milliarden Menschen zu kontrollieren.
Pardon.
Zu führen.
Nein. Das ist irgendwie auch nicht der richtige Ausdruck dafür.
Sagen wir einfach, zu beschützen.
So formuliert es gern die chinesische Regierung.
Der Schutz seiner Bürger und der des Landes ist das stärkste Argument für die erneute Beschneidung der Internet-Freiheit und so ist das Internet in Gefahr. Die Anonymität für chinesischen User im World Wide Web wird abgeschafft. Das betrifft momentan 500 Millionen Menschen. In Zukunft werden sie dazu verpflichtet, bei dem Anlegen eines Profils auf einer Internetseite, ihren tatsächlich rechtlich geltenden Namen anzugeben.
Virtuelle Ausweisung. Wow!
Das alles – so ein Sprecher des Nationalen Volkskongresses – sei die einzig richtige Reaktion auf die zuletzt immer häufiger auftretenden Verleumdungen im Internet und der Missbrauch virtueller Daten.
Chinas Regierung stellt die der Meinungsfreiheit dienliche Anonymität im Internet hinter die Sicherung öffentlicher Interessen?
Sind das nicht vor allem politische Interessen?
Natürlich können die Nutzer nach der Registrierung für Ihre Aktivitäten im Netz weiterhin ein Pseudonym verwenden, aber Kurznachrichten, wie die sozialer Netzwerke, könnten nun seitens der Regierung einem greifbaren Verfasser zugeordnet werden.
Praktisch, oder?
Das perfekte neue Gimmick in Sachen Internetzensur.
Da hat China bereits so einiges im Angebot: Die extragroße Firewall, die ausschließlich bewilligtes Gedankengut durchlässt, das Verbot von Facebook und Twitter, die viel zu westlich sind und Filter, die auf bestimmte Schlagworte im Internet chinaverordnet reagieren und – natürlich – schützen. Somit dürfte China in Sachen Internetsicherheit Spitzenreiter sein.
Doch wer will dieses unfreie Maß an Sicherheit?
Wünschen wir uns nicht diesen einen Platz, wo jede und jeder seine Gedanken fern jeder Zensur, fern jeder Angst, offenbaren kann? Die unendlichen Weiten des Webspace bieten diese Möglichkeit. Eine außergewöhnlich seltene Freiheit. Mehr noch. Sie gestatten einen kritischen Austausch in einem internationalen Miteinander. Natürlich müssen auch hier menschliche Werte und Rechte Bestand haben, ja sogar geschützt sein, aber auf eine freie Weise, so dass jenes gewisse Maß an Internet-Autonomie unangetastet bleibt.
Also: Hände weg vom Internet!
Ein Aufruf, der sich bereits Anfang Dezember nach Dubai richtete.
Dort fand die WCIT statt. WCIT steht für WORLD CONFERENCE ON INTERNATIONAL TELECOMMU- NICATION (weltweite Konferenz für internationale Fern- meldedienste). Sie wird von der INTERNATIONALEN FERNMELDEUNION (ITU) ausgerichtet. Diese Sonder- organisation der vereinten Nationen beschäftigt sich mit allen Aspekten weltweiter Telekommunikation. Die WCIT 2012 empfing 1600 Abgeordnete aus 151 Mitgliederstaaten.
Punkt 1 der Tagesordnung war die Verabschiedung einer überarbeiteten Vollzugs- ordnung für die internationalen Fernmeldedienste (International Telecommunication Regulations), kurz ITR. Dabei geht es um die Regulierung der weltweiten Telekom- munikation. Da die bisherige ITR-Fassung von 1988 stammte, war es an der Zeit, sie dringend den aktuellen technischen Standards anzupassen. Westliche Länder wehrten sich gegen die neu verfasste ITR, da sie uneindeutige Passagen in Bezug auf das Internet und einer damit verbundenen Regulierung enthält.
Ein heikles Thema, da die ITR ein völkerrechtlich bindender Vertrag ist und die Beschneidung des Internets vor allem von westlichen Ländern abgelehnt wird. 89 Mitgliederstaaten haben dennoch das aktuelle Regulierungswerk unterschrieben. Deutschland nahm den Stift nicht in die Hand, da die zuvor erwähnten Formulierungen allen Staaten gleiche Rechte für die Regulierung und Zensur des Internets ermöglichen. Eine weise Entscheidung, denn in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in China, ist eine nochmalige erneute Über- arbeitung der ITRs dringend nötig! Eindeutige Formulierungen müssen her, die auch weniger demokratischen Länder verklickert, das die Freiheit des Internets unantastbar sein muss!
Internet in Gefahr?