Seit 1970 gibt es einen Tag, an dem sich die Erde feiert und die Menschen darauf besinnen, ein harmonisches Leben und Überleben auf unserem Planeten zu sichern. Umwelt- und Klimaschutz sind nicht etwa Begriffe, die erst seit ein paar Jahren existieren. Seit den Siebziger sind sie im Interesse aller Nationen. 1972 veranstalteten die Vereinten Nationen eine erste Konferenz, den sogenannten Welt- gipfel. Er ermöglichte eine erste weltweite Diskussion über Umwelt und Natur und mar- kierte den Beginn der globalen Umweltpolitik. Zwanzig Jahre später, 1992, unterzeichneten zum ersten Mal viele der Teilnehmerstaaten ein Abkommen, das einen weltweiten Aus- stoß von Treibhausgasen regulieren sollte. Dieses Abkommen wird als Klimarahmen- konvention bezeichnet und wurde 1997 in Kyoto erweitert. Der als „Kyoto-Protokoll“ bekannte Zusatzeintrag zum Klimaabkommen verpflichtete alle unterzeichnenden Staaten, einen schriftlich festgehaltenen Richtwert zur Senkung ihrer Treibhaus- gasemissionen bis 2012 durchzusetzen. Dabei handelte es sich um circa fünf Prozent. Interessanterweise haben die USA zwar das Protokoll unterzeichnet, aber ihr Vorhaben nicht wirklich umgesetzt. Deutschland steckte seine Ziele sogar besonders hoch, auf 21 Prozent, und erreichte eine Treibhausgasreduzierung bis zu 25 Prozent. Ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein? Vielleicht, aber ein Anfang.
Mitten im Winter, in dem es einfach nicht aufhören will, zu schneien, stelle ich mir die Frage: Wie steht es um unser Klima? Obwohl ich mich jetzt gern in ausschweifende Darstellungen unserer bedrohten Umwelt und Tierwelt stürzen möchte, klopft ein anderer Begriff unermüdlich gegen die harte Knochenwand meiner Stirn: KONSUMKLIMA. Dieses Wort habe ich heute das erste Mal gehört. Ich saß mucksmäuschenstill, wie jeden Morgen, neben meinem Mann und versuchte, den Börsen-Berichten der blonden N-TV Moderatorin Astrid Fronja zu folgen. Dabei huschten hin und wieder merkwürdige Gesichtskommentare über ihr frisch geschminktes Äußeres.
KON-SUM-KLI-MA. Irgendwie lädt dieser Begriff zum Nachdenken ein. Und schon stellt sich mir die nächste Frage: Ist die Finanzkrise eigentlich überstanden oder sind wir noch mittendrin? Egal wohin man blickt, ob in die Regale des Supermarkts oder auf die Speißekarte eines Restaurants – Preise klettern und stürzen dann wieder bergab, verheißungsvolle Ausverkäufe und Sonderangebote brennen mittlerweile in unseren Augen und es stellen sich attraktive Geschenke für den Abschluss von Verträgen, langen Verträgen, länger als normal, in Aussicht. Diese GEIZ ist GEIL-Gesellschaft strengt mich an. Kein Wunder, dass Begriffe wie Konsumklima erfunden werden, um unser seltsames Verbraucher- verhalten in erklärende Zahlen zu kleiden. Dabei ist das keine neue Sache. Kein Versuch, der Finanzkrise und ihren Folgen entgegenzuwirken. Bereits 1980 wurde ein Wert für unser Konsumklima ermittelt. Die Geburtstunde des Konsumklimaindex. Sein Erzeuger ist das größte Marktforschungs-institut Deutschlands. GfK. Gesellschaft für Konsumforschung. Weltweit ist die GfK eines der führenden Marktforschungsunternehmen. In Deutschland erforschen tagtäglich „12 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie Menschen leben, denken und konsumieren.“ So drückt es das Unternehmen selbst aus. Es wurde 1934 in Nürnberg gegründet und hat genau dort seinen Firmensitz.
Den meisten von uns dürfte die GfK ein Begriff sein, denn das Unternehmen ist auch für die Messung der Einschaltquote verantwortlich. Sie ist von enormer Bedeutung für die Fernsehsender, denn schließlich wollen diese unbedingt wissen, was ihre Zuschauer mögen – obwohl die Messung gerade mal einen minimalen Querschnitt unserer Bevölkerung betrifft, um genau zu sein zwischen 2000 und 6000 Deutsche, die sogenannte Panelgruppe. Sie repräsentieren das deutsche Publikum. Der von der GfK gemessene Konsumklimaindex ist ein Wert, der durch die Befragung von 2000 Personen ab 14 Jahren ermittelt wird. Er spielt für die Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage und unseren Zukunftsaussichten eine Rolle. Finanzexperten zufolge ist der Konsumklimaindex deshalb der wohl wichtigste Index in Deutschland. Erforscht wird dabei, ob sich unser Kaufverhalten im Vergleich zum Vormonat oder zum Vorjahr gesteigert oder reduziert hat. Denn normalerweise bedeutet eine Steigerung unseres Konsums jeder Art, dass sich die wirtschaftliche Lage erholt hat. Veröffentlicht die GfK einen positiven Konsumklimaindex, steigen die Aktienkurse. Warum? Ganz einfach. Unternehmen rechnen dann automatisch mit steigenden Gewinnen. WIR kaufen mehr, DIE verdienen mehr. Logisch – irgendwie. Doch können 2000 Auserwählte die Situation von über 81 Millionen Menschen wirklich repräsentativ darstellen? Stellen Sie diese Frage bloß keinen Finanzexperten! Er wird erwidern: Wie würden Sie es denn besser machen?
Gutenberg, das ist eigentlich ein angesehener Name. Johannes von Gutenberg ist der Erfinder des Buchdrucks und der Druckerpresse. Für uns alle, die etwas zu sagen haben und bestrebt sind, ihre Gedanken auf Papier zu bannen, ein Vorbild. Vor allem weil der um 1400 namentlich als Johannes Gensfleisch Geborene uns etwas Besonderes hinterlassen hat, das an Qualität und Ästhetik seinesgleichen sucht:
Die Gutenberg-Bibel.
Für den einen oder anderen mag der Inhalt zur Debatte stehen, trotzdem ist diese exklusive Ausgabe religiöser Geschichten ein Meisterwerk, Gutenbergs Krönung seines Druckerschaffens. Außerdem gehört die Gutenberg-Bibel bis heute zu den wohl schönsten gedruckten Büchern unserer Welt. Damit bewies der alte Meister, dass sein Werk mit kunstvoll handgeschriebenen Ausgaben mithalten konnte. Für die damalige Kunst der Schriftwelt bedeutete die Gutenberg-Bibel einen Umbruch. Fortan war eine Verbreitung von Wissen in Form einer Publikation auf deutlich unkomplizierte Weise möglich.
Aus Büchern saugen wir seit jeher Gedanken, Erfahrungen, Wissen und Wahrheiten.
Brauchbar. Inspirierend. Genial.
Das dachte sich auch Karl-Theodor zu Guttenberg.
Etwas mehr als 600 Jahre später verhalf er einem alten, seit Jahrtausenden bekannten Mittel des Gedankendiebstahls zur Renaissance.
Das PLAGIAT.
Eingesetzt von großen Männern wie Aristoteles oder Bertolt Brecht.
Ja, die haben’s auch getan!
Gedankenklau.
Irgendwie menschlich.
Sind wir überhaupt noch in der Lage Neues zu denken?
Das lateinische Wort PLAGIUM bedeutet MENSCHENDIEBSTAHL oder SEELENVERKAUF. Das eine beschreibt den Tatbestand, das andere die faustische Ebene, die jeder Plagiator betritt. Denn eins ist klar: Die Wahrheit sucht sich seinen Weg ans Licht, so dunkel und tief die Grube auch sein mag, in der wir sie gestoßen haben.
Karl-Theodor zu Guttenberg hatte für seine Dissertation „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“ Gedanken geklaut oder anders ausgedrückt, er hatte sie leider nicht ausreichend formgerecht zitiert. War er deswegen ein bedeutend schlechterer Bundes- verteidigungsminister?
Aber uns geht es hier eigentlich nicht um die Plagiate, die Politiker in ihren Sturm- und Drang-Zeiten begangen haben. Uns geht es um solche, die auf dem Politik-Schlachtfeld der EU eingesetzt werden. Dort, wo die Mächtigen, die Tonangeber, die Bestimmer und Gestalter unserer Gesellschaft kämpfen. Denn hier sind es wieder Politiker, die Gedankenklau betreiben. Er ist allerdings nicht nur erlaubt, sondern auch gewollt.
Das 3SAT Kulturmagazin KULTURZEIT stellte diese Woche die Frage:
Ist unsere Demokratie ein Ergebnis aus Plagiaten?
Wieso?
Die Antwort ist einfach.
Lobbyismus.
In Brüssel, dort, wo unsere EU gepflegt und gehegt wird, sind 30000 Lobbyisten unterwegs. Ein hübscher Name für abgestellte Persönlichkeiten aus Finanzwirtschaft, der Energie- und Pharmabranche sowie der Autoindustrie. Sie versorgen unsere Parlamentarier mit Informationen, die ihnen bei der Weitergestaltung unserer Gesellschaft helfen sollen. Diese Informationen werden nur allzuoft eins zu eins übernommen. So ging und geht es zu, in Brüssel. Nach vielen dubiosen Jahren des Einflüsterns und des angeblichen Steuerns unserer Politiker müssen sich die Lobbyisten nun schon länger in ein verpflichtendes Transparenzregister eintragen, um sich einen permanenten Zugang zu den EU-Gebäuden zu ermöglichen. Wir wissen also, wer sie sind, doch ändert das etwas?
Nein. Warum auch? Politiker dürsten regelrecht nach den Erfahrungen und Branchenkenntnissen der Lobbyisten. Unsere Welt wirkt auf sie wie ein komplexer Dschungel, in dem sie sich nur zurechtfinden, wenn sie auf ein großes Maß an Kraft und Ressourcen zurückgreifen. Dann lieber die textlich zusammengefassten Ideen der Branchenkenner. Das spart Zeit und Nerven. Politiker lassen sich gern von Lobbyisten beraten, obwohl sie finanzielle Mittel gestellt bekommen, selbst Recherchen zu betreiben. Außerdem: Lobbyisten beraten gern Politiker. Dass man ihnen allgemeinhin vorwirft, nichts anderes als die Interessen ihrer Konzerne zu vertreten, stört sie kaum. Sie vermitteln, stellen Kontakte her und versorgen unsere Politik mit Ideen und Konzepten, die diese dankbar übernimmt und umsetzt. Alles zum Wohl unseres Landes, unserer EU. Alles ganz einfach oder?
Die Piratenpartei definiert Lobbyismus wie folgt: „Unter Lobbyismus versteht man die Einflussnahme auf politische Entscheidungen oder auf die öffentliche Meinung durch Vertreter von Interessengruppen.“
Sie betont allerdings: „In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff häufig (fälschlicherweise / polemischerweise) als die Korruption der politischen Elite durch Interessenvertreter der Industrie zum Zwecke der Manipulation der Politik verstanden.“
Nun ja.
Auf der Webseite LOBBYPLAG kann man eindrucksvoll selbst prüfen, wie groß der Einfluss von Lobbyisten ist. Die Plattform stellt eindrucksvoll dar, wie EU-Abgeordnete die Vorschläge von Lobbyisten in Anträge zur EU-Datenschutz-Grundverordnung eingearbeitet haben.
Und zwar frei nach dem Verfahren: COPY & PASTE. Heaven and Hell!
Wo sind nur solch kreative Denker und Erschaffer wie die eines Formates von Gutenberg oder auch die eines zu Guttenberg, der trotz Plagiatsversuchen ein durchaus brauchbarer und selbstdenkender Bundesverteidigungsminister war.
Für viele von uns scheint da kaum ein Unterschied zu erkennen. Wir sehen flirrende Brocken aus Sternenstaub, eingehüllt in ein atemberaubendes Universumleuchten. Doch gerade heute definieren sich die Unterschiede stärker denn je.
In den frühen Morgenstunden rüttelte ein Meteoridenregen Tscheljabinsk wach. Die russische Industriestadt im Ural vermeldete erhebliche Schäden und hundertfache Verletzte.
So schön sich das astronomische Spektakel am Himmel darstellt, so schockierende sind seine Auswirkungen, denn beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen Meteoriden. Die dabei entstehende Druckwelle entfalten ungeahnte Kräfte und eine ungeheurer Zerstörungsmacht.
Diese haben in Russland „nur“ Fensterscheiben eingedrückt und Dächer zerstört. Der erste Gedanke weltweit: Hat das vielleicht etwas mit dem Asteroiden 2012 DA14 zu tun, der heute Abend die Erde ungewöhnlich nah streifen wird? Experten antworten mit einem eindeutigen NEIN. Das morgendliche Spektakel sei ein Zufall und habe mit dem Asteroiden nichts zu tun. Asteroid. Meteorit. Wo liegt der Unterschied? Asteroiden sind richtige Kleinplaneten. Sie kreisen wie die Erde um die Sonne. Ein großer Teil von Ihnen bewegt sich in dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.
Meteoriten hingegen sind schlichtweg die uns so begehrten Sternschnuppen. Es sind kleine Gesteinsbrocken, die in der Regel beim Eintritt in unsere Atmosphäre verglühen und als Sternenstaub auf unserem Planet landen. Die meisten von ihnen richten weit weniger Chaos und Schaden an, als das heute in Russland der Fall war.
Der im Februar 2012 entdeckte Asteroid 2012 DA14 wird heute die Erde in einer Entfernung von 27.700 Kilometern passieren. Mit einem Durchmesser von 50 Metern ist er ein ansehnlicher Brocken. Laut NASA kreuzen solche Exemplare alle 40 Jahre die Erde, eine mögliche Kollision sei aber nur alle 1200 Jahre denkbar.
Meteorit oder Asteroid.
Bereits bei der Entdeckung im vergangen Jahr gab die NASA bekannt, dass keine Gefahr für die Erde bestehe. Der Asteroid 2012 DA14 kommt der Erde so nah, dass er wohl einige unserer Satelliten kreuzen wird. Trotz dieser Nähe, sei der Asteroid dennoch nur mittels Teleskop sichtbar. Für alle, die also auf ein abendliches Himmelspektakel gehofft hatten, werden enttäuscht. Die NASA bietet allerdings zwei Möglichkeiten an, sich aktuell über die Position und Bewegung von 2012 DA14 zu informieren.
Brüderle, komm, tanz mit mir, beide Hände reich‘ ich dir, einmal hin, einmal her, rundherum, das ist nicht schwer.
Im Januar 2012 trifft sich die Journalistin Laura Himmelreich mit dem Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion Rainer Brüderle an einer Hotelbar. AN EINER HOTELBAR??? Ja. Laut dem Wochenmagazin STERN ist das gar kein so unüblicher Interview-Ort. An Parteitagen, Festen oder auf Reisen sei es ein beliebtes Plätzchen, an dem sich Politiker und Journalisten abends treffen, um in Ruhe und abseits des Termindrucks miteinander sprechen zu können. Denn dann geht es nicht nur um Fakten, die jeder kennen darf, dann geht es um Geheimnise, Lügen, Offenbarungen und alles Andere, das sich lohnt, veröffentlicht zu werden. Nichts Ungewöhnliches also? Weder für Laura Himmelreich, noch für Rainer Brüderle? Doch. Angeblich hat sich Brüderle in jener Nacht unsittlich verhalten. Das behauptet die Frau, die ihn interviewt hat. In dem STERN-Portrait, dass die Journalistin lang und ausführlich vorbereitet hatte, ist die Rede von einem forschen Blick auf ihren Busen und der Begleitbemerkung, sie könne ein Dirndl ausfüllen. Später habe Brüderle ihre Hand ergriffen, darauf einen Kuss gehaucht und sie auf altmodische Weise gebeten, seine Tanzkarte anzunehmen. Die Stelle im Artikel, in der um 1 Uhr Nachts Brüderles Pressesprecherin anrückt und das Gespräch der beiden beendet, wirkt wie eine Erlösung für Laura Himmelreich. Schützend habe sie sich die Arme vor den Körper gehalten, als ihr der Politiker zum Abschied noch mal näher rückte als es ihr lieb sei. Ist das die Wahrheit? Das wissen nur Laura Himmelreich und Rainer Brüderle. Sie klagt an, er schweigt.
Fakt ist, dass es in der STERN-Ausgabe nicht allein um dieses eine Ereignis ging, sondern um Sexismus im Allgemeinen und zwar den Tagtäglichen. Um noch genauer zu sein, berichten in jener Magazin-Ausgabe Frauen über ihre Erfahrungen mit dem respektlosen Auftreten von Männern dem weiblichen Geschlecht gegenüber. Aber diese Sexismus-Darstellungen sind nur halb so reizvoll. Deutschlands Medien stürzen sich auf den „spitzen“ Kandidaten der FDP. So betitelt STERN Rainer Brüderle. Das passt doch wunderbar in unsere schon fast verkommene Nachrichtenwelt. Pardon, aber die Presse hat in letzter Zeit nur noch Interesse an reißerischen Skandalen um deutsche Politiker, deren menschliche Verfehlungen zum Schafott für politische Karrieren werden. Gott sei Dank, gibt es diesmal noch ein zusätzliches Thema, dass ausreichend Futter bietet, um hitzige Diskussionen anzuleiern. SEXISMUS. Der Fall Himmelreich vs Brüderle kurbelt die Debatte um Geschlechterbenachteiligung und respektlose Grenzüberschreitungen erneut an.
SEXISMUS. Was ist das eigentlich? Laut TERRE DES FEMMES, einer schweizerischen Organisation für Frauenrechte, ist unter Sexismus „jede Form von Gewalt, Ausbeutung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und andererseits Identitäts- und Verhaltensanforderungen an eine Person oder Gruppe von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung“ zu verstehen. Ausbeutung. Diskriminierung. Geschlechtsidentität. Gewaltige Worte, die sich meist auf Frauen beziehen. Dabei sind nicht nur Frauen Opfer. Jeder – auch Presse und Frauenrechtler oder -rechtlerinnen – sollte sich dessen bewusst werden, dass Sexismus auch MÄNNER betrifft. In den allgemeinen Debatten ist zu oft ausschließlich die Rede von Frauen, die belästigt werden. Das gleiche passiert auch Männern. Doch diese Tatsache anzusprechen, löst ein Maschinengewehr an Einwänden aus. Das sei kaum glaubwürdig. Einzelfälle. Etwas ganz anderes. Es verhält sich wohl so ähnlich wie mit der Tatsache, dass auch Frauen gegenüber Männern gewalttätig werden. Unvorstellbar? Ein Mann kann sich doch wehren, oder? Und was passiert, wenn er sich wehrt? Zurückschlägt?
Es ist kompliziert. Alles zwischen Frauen und Männern ist kompliziert. Das war und wird immer so sein. Auch wenn wir alle das Bedürfnis verspühren, alle gleich sein zu wollen, gleiches zu dürfen oder zu können, Frauen und Männer sind unterschiedlich. Absolut und total. Nicht nur vom Körper und ihrer Beschaffenheit, wir unterscheiden uns in den meisten Dingen und das ist gut so. Wichtig ist nur der gegenseitige Respekt. Die Würde des Anderen, ob Frau oder Mann, achten. Mensch sein. Wer Grenzen überschreitet, sollte darauf hingewiesen werden. Mit Worten. Wenn die nicht gehört werden, mit Taten. Sagen Sie NEIN, sagen Sie bis hier hin und nicht weiter. Gehen Sie! Nicht bleiben und aushalten! Das gilt für Frau und Mann.
Laura Himmelreich hat Rainer Brüderle im Gespräch an der Hotelbar darauf hingewiesen, dass sie Journalistin sei und von beiden erwarte, dass man sich professionell verhalte. So steht es jedenfalls in ihrem STERN-Artikel. Hat das der FPD-Politiker gehört oder ignoriert? Was zwischen beiden tatsächlich passiert ist, können wir nicht wissen, noch für richtig oder falsch befinden. Das geht eigentlich weder uns noch die Presse etwas an, das betrifft Laura Himmelreich und Rainer Brüderle. Die beiden haben scheinbar über ihre Verpflichtungen gegenüber Presse und Politik vergessen, dass sie zwei Menschen sind, die sich auch unter vier Augen die Meinung sagen können. Direkt. Ehrlich. Von Frau zu Mann.
Die rauschende Silvesternacht liegt bereits neun Tage hinter uns und so manch einer denkt obsessiv neben den einen oder anderen Vorsatz nur noch an das nun endlich kommende Glück im neuen Jahr. Gewünscht wurde es zahlreich, soll es sich doch einstellen! Was aber wird dann aus dem Pech? Das will keiner? Nicht mal freiwillig? PECH! Was soll das überhaupt bedeuten und wie und wann entsteht es? Die Antwort? In höllisch heißen Temperaturen von 700 Grad. Praktisch gesehen. Bei der thermo-chemischen Spaltung wird Holz unter Luftabschluss verschwelt. Ein Vorgang, der bei der Destillation von Erdöl, Kohle oder harzhaltigen Hölzern stattfindet. Dabei entsteht PECH. Eine zähflüssige, tiefschwarze Masse. Eine faszinierende Stofflichkeit, die in unserer menschlichen Vergangenheit vielseitig eingesetzt wurde. Ob für die Abdichtung von Schiffen, in Form von Klebe- und Brennstoffen oder als Brandfackel, Schmiermittel und Material bei der Schuhreparatur – PECH war ein willkommenes Ding. Seine vielseitigen Eigenschaften nutzte der Mensch natürlich auch für martialische Belange und verwandelte Wertvolles in Unheilvolles. In unserer wohl dunkelsten Epoche, dem Mittelalter, der Zeit der Ritter und Burgen, diente PECH als eine äußerst wirksame Waffe zur Verteidigung. Ein MUST HAVE auf mittelalterlichen Burgen war die PECHNASE, ein Wehrerker, der wie ein Trichter aus den Außenmauern hervorlugte. Der Boden war mit diversen Löchern versehen, durch die PECH auf die unwillkommenen Angreifer strömte. Davon erfasst, galt und gilt der Ausspruch: PECH GEHABT! Die Belagerer nutzten wiederum PECH für ihre Attacke. Pfeilspitzen wurden damit sorgfältig bestrichen, in Brand gesetzt und auf Festung und Ritter abgefeuert.
Barbarischer war nur der Einsatz von PECH im weitesten Sinne bei der Folter und Bestrafung. Verbrecher und ungeliebte Zeitgeister wurden kurzerhand geteert und gefedert. TEER entsteht bei dem zu Beginn erwähnten thermischen Vorgang. Die dabei entstehenden Rückstände werden als PECH bezeichnet. Sträflinge wurden per Beschluss entweder mit Teer übergossen oder bestrichen oder darin gewälzt. Anschließend bewarf man sie mit Federn und überließ sie sich selbst. Bildlich stellten sie ab sofort Vogelfreie dar. Bereits in der Antike brandmarkte man auf diese Weise öffentlich Verurteilte als Geächtete. Das bedeutete, dass sie jegliche menschliche Achtung für immer eingebüßt hatten. Bekannt geworden ist diese Bestrafung nicht zuletzt durch das Grimm-Märchen FRAU HOLLE, in der die faule Marie als Lohn für ihre Faulenzerei mit PECH anstatt mit Gold übergossen und zum Gespött ihres Dorfes wird.
„… Das ward die Frau Holle bald müd und sagte der Faulen den Dienst auf. Die war es wohl zufrieden und meinte nun werde der Goldregen kommen, die Frau Holle führte sie auch hin zu dem Thor als sie aber darunter stand, ward statt des Golds ein großer Kessel voll Pech ausgeschüttet. „Das ist zur Belohnung deiner Dienste“ sagte die Frau Holle und schloss das Thor zu. Da kam die Faule heim, ganz mit Pech bedeckt, und das hat ihr Lebtag nicht wieder abgehen wollen…“ FRAU HOLLE, Grimms Märchen Band 1, Auflage 1 (1812) / KHM 24, Brüder Grimm
Harmloser war nur der Einsatz von PECH bei der mittelalterlichen Vogeljagd. Hier erschließt sich für den Suchenden die sinnvollste Erklärung über den Ursprung für die Bedeutung des uns so verhassten Gegenspielers von Glück. Jagdhelfer bestrichen die Bäumrinde von Ästen und Zweigen mit PECH, um das Fangen und Erlegen der ersehnten Vögel für die Jagdgesell-schaft zu erleichtern. Die ahnungslosen Vögel blieben mit dem Gefieder dort kleben, konnten nicht entkommen und landeten auf dem Speiseteller.
„Machst du auch mal was langsam?“ „Wie meinst du das?“ „Ich höre in beinah jedem Satz von dir ‚SCHNELL‘. Ich flitze mal schnell zum Bäcker. Ich spül’ schnell das Geschirr. Ich schreib das noch schnell zu Ende. Also. Machst du auch mal was langsam?“
Diese Frage hat mich aus der Bahn geworfen. Machte ich denn irgendwas langsam? Auf die Schnelle habe ich nichts gefunden. Das hat mir Angst gemacht. Ich habe mich beobachtet. Bereits am Morgen stand ich schnell auf, jagte förmlich aus dem Bett. Ich schüttete Tee in den Schlund meines Halses, so als wäre ich monatelang durch Wüsten gewandert. Ich raste durch die Straßen, als ginge ich auf heißen Kohlen. Ich las, redete, wünschte, atmete und dachte in Blitzgeschwindigkeit. Das Fazit: Die Hälfte ging an mir vorbei ohne haften zu bleiben. Nur das Wichtige klebte an mir. Das Notwendige, Unausweichliche, Bedingte. Ich zog die Notbremse und blieb erst einmal stehen. Stumm. In mich lauschend. Das fühlte sich gut an. Stehenbleiben auf Dauer kam trotzdem nicht in Frage. Langsam, nicht schnell, versuchte ich meinen eigenen Rhythmus zu finden. Das war und ist nicht leicht. Ganz und gar nicht. So schnell will er sich nämlich nicht finden lassen. Der Rhythmus meiner Zeit. Außerdem kam nun noch ein ganz anderes Problem auf mich zu. Wenn du dich langsam, bewusst und allumfassend durch den Alltag kämpfst, bewegt sich alles andere und bewegen sich alle anderen in Atem stockender Lichtgeschwindigkeit UND DAS NERVT! Die meisten von uns, du.. du.. Sie.. Ihr.. wir.. sind zeitarm. Beweise?
Ich sitze auf meinem alten Drahtesel und radel im Fluß des Straßenverkehrs zu meinem nächsten Termin. An der Ampel bleibe ich stehen, stelle aber fest, dass alle weiterfahren. Sie düsen an mir mit einer Selbstverständlichkeit vorbei, dass mich das Gefühl ereilt, das rote Ampelmännchen mir gegenüber sprühe vor Wut Feuerfunken. Nur wenige Sekunden später starte auch ich los. Es ist grün. Auf meiner Weiterfahrt überhole ich den einen oder anderen Rotfahrer und frage mich, was sie gewonnen haben. Zeit? Vielleicht in ihrem Universum. Da will ICH nie wieder sein.
Als ich mich mit einem heißen Kaffeebecher auf den Weg zu einer Freundin mache, möchte ich am liebsten das Handy in das nächste Gully-Loch fallen lassen. Sie übertönt meine erklärenden Worte mit einem gehetzten, bejahenden aber nicht zuhörenden, dafür antreibenden Aha.. aha.. aha.. ahaaa. Ich sehe sie in Gedanken vor mir. Sie steht in der Küche und starrt auf die große Uhr über dem Herd. Der Sekundenzeiger dreht sich unaufhörlich. Zappelt und zuckt.
Trotz ihrer Ungeduld, halte ich durch und komme zum Ende meiner Erklärung. „Hast du verstanden, was ich dir vorschlage?“ Nicht mal ich bin mir noch sicher, was ich da eigentlich erzählt habe. „Jaja. Komm einfach erstmal zu mir.“ JA JA. Da wo ich groß geworden bin, sagt man gleich „Leck mich am Ar…!“ Ich weiß. Sie meint es nicht so. Auch sie ist zeitarm. Zwischen ihren Fingern verrinnen die Stunden, Minuten und Sekunden des Tages förmlich in nur einem Augenblick, wie der Seifenschaum, der beim Händewaschen durch das klare Wasser weggespült wird. Es scheint so, als habe die Welt eine neue Krankheit, die noch unentdeckt ist. Wir sind von einem Virus infiziert worden, dass unsere Zeit angreift und scheinbar vor unseren Augen zersetzt. Es ist nicht tödlich. Aber schädlich. Die Dimensionen sind erschreckend. Selbst das Beantworten einer Email wird zum geistigen und körperlichen Supergau. Freunde, Bekannte, Kollegen und Familie schaffen es scheinbar nicht einmal mehr auch nur einen Klick auf eine Webseite zu vollbringen. Dabei dauert das nicht mal eine Sekunde. Noch schlimmer sieht es mit der Zeit aus, um die wir sie bitten. Etwas zu lesen. Sich für etwas zu engagieren. Unterstützung zu leisten. Über etwas nachzudenken. ABGELEHNT!!! Die Zeit ist bereits verbraucht. Benötigt. Verplant. Gespart. Verbucht. Alle haben so zu viel zu tun und das am Besten SCHNELL.